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Grenzen und Steine: Testinventar Rafzerfeld ZH

Historische Marchsteine stellen ein wertvolles Kulturgut dar; sie sind aber leider stark gefährdet. Eine Inventarisierung notwendig und auch durchaus lohnend.

Kantons- und Landesgrenzstein ZH

Marchsteine stehen auch im übertragenen Sinne auf Grenzen der Verantwortlichkeiten:
- Es sind Geschichtsquellen, aber keine archivierbaren Papiere
- Sie sind historisch, doch keine Gebäude
- Es sind keine Fundgegenstände, sollten aber doch archäologisch dokumentiert werden
- Oft sind es geologische Objekte, aber doch nicht unbeweglich wie Felsen
- Sie haben vermessungsrechtliche Bedeutung, sind aber auch historisch bedeutsam
- Es sind künstlerisch gestaltete Gebrauchsobjekte, aber keine Einrichtungsgegenstände

Aus den Ergebnissen
Inventar TG
Marchstein im Tunnel

Um die Objektkategorie der historischen Marchsteine in Zukunft besser in die Arbeit der Denkmalpflege einbeziehen zu können, wurde zunächst ein Testinventar erstellt. Die damit erarbeiteten konkreten Grundlagen dienten für die Beurteilung von Methoden, Auswahl- und Bewertung und von Fragen der Erhaltung.
GRAD GIS erstellte für das Testgebiet ein vollständiges Inventar mit Erfassung aller Steine, Beschreibung, Fotodokumentation und Inventarblättern inklusive Bewertungsvorschlag. Zur Zeit wird das vollständige Kurzinventar erstellt.

Beispiele

Zunächst wurde die wesentliche Literatur ausgewertet und dann die Unterlagen im Staatsarchiv. Diese Informationsbasis wurde wesentlich ergänzt durch mündliche Auskünfte der Fachabteilungen der Verwaltung. Ergebnis waren einerseits viele bereits lokalisierbare Steine und andererseits Flächen, in denen weitere solche zu erwarten waren. Danach wurden die Steine im Gelände aufgesucht und die übrigen Flächen gezielt abgegangen. Die letzte war schliesslich die Erfassung und Auswertung der Dokumentation und das Erstellen der Inventarblätter.

Grenzkarte von HC Gyger um 1650

Wesentliche Arbeitsgrundlage für die Inventarbearbeitung sind historische Karten. Hier ein Ausschnitt aus einem Plan, den Hans Conrad Gyger um 1650 erstellte. Er zeigt einen Teil der Grenze östlich von Eglisau.

Im Untersuchungsgebiet war besonders die Landesgrenze reichhaltig mit historischen Grenzsteinen besetzt, da dieser Grenzverlauf seit dem 17. Jahrhundert kaum mehr verändert wurde, seit sich Zürich als letztem grossen Gebietsteil das Rafzerfeld einverleibte. Alle folgenden Phasen der Grenzentwicklung bis in die Gegenwart sind vertreten.

Abzielstein der Landesgrenze

Besonderer Grenzstein, der die hohe Konstanz der Landesgrenze im Rafzerfeld gut illustriert: Weil der Bahnbau zwischen Rafz und Lottstetten eine leichte Strassenverelgung erforderte, konnte man den Grenzstein nicht mitten in der Strasse stehen lassen. Also wurde 1897 am Strassenrand in 3 m Abstand ein sog. "Abzielstein" gesetzt.

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Grenzsteine sind nicht die einzigen Grenzmarken. Früher wurden auch Bäume mit Rindeneinschnitten als sog. "Lachbäume" verwendet. Hecken, Zäune und Raine (Böschungen) bildeten ebenfalls wichtige, gut sichtbare Grenzmarken. Manchmal ist die Grenze zusätzlich durch einen niedrigen Wall markiert. An einigen Stellen im Untersuchungsgebiet sind diese wohl noch älter als die Grenzsteine.

Abzielstein der Landesgrenze

An dieser Stelle ist die Landes- und Kantonsgrenze besonders deutlich mit einem Wall gekennzeichnet, der heute vollständig auf deutschem Gebiet liegt und der einenm leicht anderen, weniger regelmässigen Grenzverlauf als die moderne Grenzlinie entspricht.

Die Landes- und Kantonsgrenze im Rafzerfeld geht wesentlich auf den Gebietskauf von 1651 zurück. Damit konnte Zürich das ganze Gebiet von den Grafen von Sulz erwerben und seinem Territorium einverleiben. Die Grenzumschreibung, welche bei diesem Geschäft erstellt wurde, bildete bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die Rechtsgrundlage. Ganz offensichtlich gehört auch der oben gezeigt Plan von Hans Conrad Gyger zu diesem Erwerbsgeschäft.

Waldvermarchung 19. Jh. bei Siedlungswüstung Ruggwiler

Diese "Marchenbeschreibung" wurde immer wieder abgeschrieben, überprüft und für kleinere Grenzanpassungen und Neusetzungen von Marchsteinen beigezogen. Hier eine der vielen Abschriften mit Zusätzen und Bemerkungen.

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